Die Digitalisierung von papierhaften Belegen ist ein zentraler Schritt zur Effizienzsteigerung in Unternehmen. Doch unter welchen Voraussetzungen dürfen diese Belege nach deutschem Recht elektronisch aufbewahrt werden?
Ein Blick in die relevanten Vorschriften – insbesondere § 257 HGB, § 147 AO sowie die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ des Bundesfinanzministeriums vom 28.11.2019 in der derzeit gültigen Fassung (GoBD) – gibt Aufschluss.
Gesetzliche Grundlagen zur Aufbewahrungspflicht
Nach § 257 HGB und § 147 AO sind Unternehmen verpflichtet, bestimmte Unterlagen für festgelegte Zeiträume aufzubewahren. Dabei sind Buchungsbelege wie Rechnungen seit dem 01.01.2025 für 8 Jahre aufzubewahren.
Die Aufbewahrungsfrist für Rechnungen beginnt mit dem Abschluss des Kalenderjahres, in dem sie ausgestellt wurde. Zum Beispiel beginnt die Frist für eine Rechnung, die am 20.01.2024 ausgestellt wurde, mit Ablauf des 31.12.2024 und endet grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2032 (Ausnahme: Rechnungen, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, § 147 Absatz 3 Satz 5 AO).
Grundsätze zur elektronischen Aufbewahrung
Für die elektronische Archivierung papierhafter Belege gelten nach der GoBD folgende Grundsätze:
- Übereinstimmung mit dem Original: Der eingesetzte Scanprozess muss sicherstellen, dass die digitale Kopie bildlich und inhaltlich mit dem Original übereinstimmt, wenn sie lesbar gemacht wird. Eine bildliche Erfassung kann hierbei mit den verschiedensten Arten von Geräten (z. B. Smartphones, Multifunktionsgeräten oder Scan-Straßen) erfolgen, wenn die Anforderungen der GoBD erfüllt sind. Eine vollständige Farbwiedergabe ist nur dann erforderlich, wenn diese für den Rechnungsbeleg relevant ist (z.B. Minusbeträge in roter Schrift oder Sicht-, Bearbeitungs- und Zeichnungsvermerke in unterschiedlichen Farben).
- Verfügbarkeit und Lesbarkeit: Die digitalen Belege müssen während der gesamten Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sein und unverzüglich lesbar gemacht werden können. Hierzu gehört auch die Verwendung und Bereitstellung geeigneter Formate und Software für die Datenverarbeitung.
- Maschinelle Auswertbarkeit: Die elektronisch erfasste Rechnung muss zudem maschinell auswertbar sein. Maschinell auswertbar ist diese, wenn sie mathematisch-technische Auswertungen, eine Volltextsuche und auch ohne mathematisch-technische Auswertungen eine Prüfung im weitesten Sinne ermöglichen (z. B. Bildschirmabfragen, die Nachverfolgung von Verknüpfungen und Verlinkungen oder die Textsuche nach bestimmten Eingabekriterien).
Bei Umwandlung eines Papierbelegs in ein unternehmenseigenes Format (sog. Inhouse-Format) müssen beide Versionen aufbewahrt werden und die konvertierte Version als solche zu kennzeichnen. Die Aufbewahrung beider Versionen ist bei Beachtung folgender Anforderungen nicht erforderlich, sondern es ist die Aufbewahrung der konvertierten Fassung ausreichend:
- Es wird keine bildliche oder inhaltliche Veränderung vorgenommen.
- Bei der Konvertierung gehen keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren.
- Die ordnungsgemäße und verlustfreie Konvertierung wird dokumentiert (Verfahrensdokumentation, siehe unten).
- Die maschinelle Auswertbarkeit und der Datenzugriff durch die Finanzbehörde werden nicht eingeschränkt.
Die Umwandlung einer elektronisch erfassten Rechnung in ein anderes Format ist nur dann zulässig, wenn die maschinelle Auswertbarkeit nicht eingeschränkt wird und keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen werden. Das ist z.B. bei der Umwandlung einer Rechnung im PDF/A-3-Format in ein TIFF-Datei nicht der Fall, weil die im PDF enthaltenen XML-Dateien bei der Umwandlung verloren gehen, auch eine Rechnung im E-Mail-Format ist nach Umwandlung in eine PDF-Datei nicht mehr maschinell auswertbar, da Informationen des Headers (z.B. Informationen zum Absender und Empfänger) dabei verloren gehen und nicht mehr nachvollziehbar ist, wie der tatsächliche Zugang der E-Mail erfolgt ist.
- Unveränderbarkeit: Elektronische erfasste Rechnungen dürfen nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden, soweit ungewiss ist, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind:
- Sind elektronische Rechnungen im Unternehmen entstanden (z.B. über ein Fakturierungssystem) oder dort eingegangen (z.B. per E-Mail), sind sie auch in dieser ursprünglichen Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Das gilt z.B. auch für den Datensatz einer selbst erstellten Rechnung.
- Elektronische Rechnungen dürfen nicht ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben (z.B. per E-Mail eingegangene Rechnung im PDF-Format).
- Die Unveränderbarkeit der elektronischen Rechnung kann sowohl hardwaremäßig (z.B. unveränderbare und fälschungssichere Datenträger) als auch softwaremäßig (z.B. Sicherungen, Sperren, Festschreibung, Löschmerker, automatische Protokollierung, Historisierungen, Versionierungen) als auch organisatorisch (z.B. mittels Zugriffsberechtigungskonzepten) gewährleistet werden.
- Verfahrensdokumentation: Das Scan-Verfahren muss dokumentiert werden. Es sollte daher eine Organisationsanweisung erstellt werden, die u.a. regelt, wer erfassen darf, zu welchem Zeitpunkt erfasst wird oder erfasst werden soll (z. B. beim Posteingang, während oder nach Abschluss der Vorgangsbearbeitung), welche Belege erfasst werden sollen, ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original erforderlich ist, wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit und wie die Protokollierung von Fehlern zu erfolgen hat.
Die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten Datenverarbeitungs-Systems.
Wann dürfen papierhafte Rechnungen vernichtet werden?
Papierhafte Rechnungen können nach der GoBD-konformen elektronischen Erfassung vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Original aufzubewahren sind. Es sollte aber geprüft werden, ob es nicht sinnvoll ist, die Originalrechnung zu Beweiszwecken zusätzlich noch aufzubewahren, z.B. für Steuerverfahren oder Rechtsstreitigkeiten.
Fazit
Die elektronische Aufbewahrung von Rechnungen bietet zahlreiche Vorteile, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und Umsetzung, um die gesetzlichen Anforderungen nach § 257 HGB und § 147 AO zu erfüllen. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Systeme und Prozesse den Anforderungen der GoBD entsprechen und eine revisionssichere Speicherung gewährleisten. Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung an aktuelle gesetzliche Vorgaben ist dabei essenziell.
* Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar und sollen keine rechtlichen Fragen oder Probleme behandeln, die im individuellen Fall auftreten können. Die Informationen auf dieser Website sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken.
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